Wiesenweihe "Rudi" hat bei seinem Rückflug aus Afrika in 24 Stunden 1200 km zurückgelegt. Das ist eines der vielen Ergebnisse einer umfassenden Studie, bei der einige dieser Vögel mit Mini-Sendern ausgestattet worden sind. Die Deutsche Stiftung Umwelt (DBU) hat das Projekt mit 60000 Euro gefördert.
Wilhelmshaven. Greifvögel wie die Wiesenweihe sind von majestätischer
Erscheinung. Trotzdem sind sie durch Zerstörung ihres Lebensraums, Jagd
in Ländern, wo sie nicht geschützt ist, Umweltgifte oder Windräder im Bestand
stark bedroht.
Damit der Zugvogel
auch außerhalb Europas geschützt werden kann, wurden jetzt mit Hilfe
eines Miniatur-Satellitensenders ihre Flugrouten ausgekundschaftet. "Nur
wenn wir wissen, welche Gebiete die Tiere überfliegen, können wir
gezielt untersuchen, ob sie dort durch den Menschen gefährdet sind,“
erklärt Dr. Michael Exo von der Vogelwarte Helgoland. Und konkretisiert:
"Im Niger konnte beispielsweise eine Kampagne die Einheimischen
überzeugen, die Vögel nicht mehr zu jagen.“ Das
Gemeinschaftsprojekt des Instituts für Vogelforschung "Vogelwarte
Helgoland“ und der Niederländischen Stiftung Wiesenweihe wird von der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit 60.000 Euro gefördert.
Im August 2006 startete das Projekt: Zum ersten Mal konnten sechs Tiere
mit Satellitensendern ausgerüstet werden. Die nur zwölf Gramm schweren
Miniatursender wurden wie ein Rucksack auf den Vögeln angebracht und
sendeten regelmäßig Positionsdaten zu einem Satelliten. Erstmals konnten
der Herbst- und der Frühjahrszug verfolgt werden. "Die Weihen zogen über
Spanien nach Westafrika, verbrachten den Winter im Senegal und Mali, und
kehrten über denselben Weg in ihre Brutgebiete zurück,“ beschreibt
Exo. Die Tiere überwanden dabei Hindernisse wie die Sahara und das
Mittelmeer.
Bisher hatten nur Vermutungen über die Routen und die Lage der
Winterquartiere angestellt werden können, so dass unklar war, welchen
Risiken die in Europa bedrohten und geschützten Greifvögel auf ihrem Zug
ausgesetzt sind. "Diese Information ist für den Schutz umso wichtiger,
weil die Vögel acht Monate des Jahres auf dem Zug beziehungsweise in den
Winterquartieren verbringen,“ so Exo.
Im Niger wurden die Tiere nach seinen Angaben von den Einheimischen aus
Angst um ihre Haushühner gejagt, bis Vertreter der Stiftung Wiesenweihe
zusammen mit der örtlichen Umweltbehörde dort eine Aufklärungskampagne
starteten. "Die Weihen fressen gar keine Hühner, sondern ernähren sich
in Afrika hauptsächlich von Heuschrecken. Das haben wir dort erfolgreich
vermitteln können,“ freut sich Exo. Aber die Weihen seien auch durch
den Einsatz von Giften in vielen Gegenden Afrikas bedroht. Exo:
"Eigentlich sollen damit die Malaria übertragenden Mücken bekämpft
werden, aber es wird auch gegen Heuschrecken eingesetzt.“ Das Problem:
Während die Wiesenweihen in Europa hauptsächlich Kleinsäuger und
Ackervögel fressen, nehmen sie über die Heuschrecken als
Hauptnahrungsquelle in Afrika das Gift in ihre Körper auf. Aber nicht
nur Jagd und Gifte seien für die Weihen bedrohlich: Die Flugrouten der
Tiere sollten auch bei der Planung von Windkraftanlagen berücksichtigt
werden, die den Tieren gefährlich werden könnten.
Diese Woche seien vier der Vögel in ihre Brutgebiete zurückgekehrt.
Männchen "Rudi“ habe auf dem Zug ins Winterquartier einen
Flugrekord für Greifvögel aufgestellt und in knapp 24 Stunden gut 1.200
Kilometer zurückgelegt. Die zurückgekehrten Vögel seien inzwischen
detailliert beobachtet worden. Exos Fazit: "Sie sind offensichtlich bei
guter Gesundheit und zum Teil auch schon verpaart. In den nächsten
Wochen dürften sie mit der Brut beginnen.“
Das sei nicht selbstverständlich, denn die Route sei durchaus eine
Strapaze: die Reise quer durch Europa, über den Golf von Biskaya, die
Pyrenäen, das Mittelmeer, das Atlasgebirge sowie durch Hunderte von
Kilometern Wüste hätten die nur rund 350 Gramm wiegenden Vögel gut
überstanden. *Die genaue Lage und Struktur der Rastplätze wird nun in
den kommenden Monaten detailliert analysiert, um dann weiter
entsprechende Schutzmaßnahmen einleiten zu können,“ erklärt Exo.
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